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Presse

Private Führung mit Paula Marschalek

Am Donnerstag, 04.11.2021 lud die ART&ANTIQUE gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin Paula Marschalek zu einer privaten Führung durch die vielschichtige Kunstmesse ein.

Thematisch befasste sich die Führung mit dem Motto „Lieblingsstück“, Paula Marschalek wählte dafür einige ihrer persönlichen Highlights aus und befragte Aussteller nach diesen. Auch die Teilnehmenden durften Likes vergeben. Bei dieser Vielfalt eine nicht so einfache Aufgabe, wie manche im Anschluss verrieten. Dieses Jahr findet die ART&ANTIQUE bereits zum 52. Mal statt. Das Besondere an dieser Messe ist, dass Kunst, Antiquitäten und Design unterschiedlicher Jahrhunderte unter einem Dach vereint wird und man sich im wahrsten Sinne des Wortes auf eine Reise durch die Kunstgeschichte begeben kann.

Die Tour startete bei der Sonderpräsentation von Kurt Absolon der Galerie Maier, die seit 1973 in den Räumen des Palais Trapp in Innsbruck ihren Standort hat und mit Informationsausstellungen sowie langfristigen Werkbetreuungen Künstler*innen im Kontext des 20. und 21. Jahrhunderts präsentiert. Erstmalig auf der ART&ANTIQUE wird das 2021 fertiggestellte Werkverzeichnis von Kurt Absolon gezeigt. Der 1925 in Wien geborene Künstler zählte zu einem der wichtigsten Vertreter der klassischen Moderne Österreichs. Neben seinem künstlerischen Schaffen arbeitete Absolon zur Existenzsicherung als Hilfsarbeiter etwa beim Wiederaufbau des Wiener Westbahnhofs. Es gibt nur wenige Ölmalereien von ihm, da die Farben zu teuer waren, so konzentrierte er sich vorwiegend auf die Tuschezeichnung, welcher er oftmals durch eine partielle Lavur eine dezente „Farbigkeit“ verpasste. Der Begriff Lavur kommt aus dem Italienischen ‚lavare‘‚ waschen oder wischen und stellt eine Maltechnik dar bei der Farbe in einer sehr dünnen Schicht aufgebracht wird. Dadurch erreicht man eine durchscheinende Farbfläche und auch unterschiedliche abgesetzte Farbtöne.

Weiter ging es zum Juwelier A.E. Köchert. Das Unternehmen zählt seit der Gründung im Jahre 1814 zu den renommiertesten Juwelieren Österreichs und wird heute in der sechsten Generation geleitet. Die uns alle gut bekannten funkelnden Sisi-Sterne wurden vom k.u.k. Hof- und Kammerjuwelier Alexander Emanuel Köchert für die Kaiserin entworfen und angefertigt. Diese Schmuckstücke wurden nach den Originalentwürfen neu aufgelegt. Sisi besaß 27 dieser Diamantsterne, die sie als Collier, Diadem, Anhänger, Broschen und Haarschmuck tragen konnte.

Auch in der Kunst kann es glitzern und funkeln. Bei Florian Kolhammer – art since the turn of the 20th century lassen die Collagen des Künstlers NDCM Inspirationen durch Gustav Klimt vermuten. Die neue Serie „Wien“ legt ihren Fokus auf detaillierte aus- bzw. zugeschnittene und per Hand vergoldeten Hintergründe. Die darauf abgebildeten Gebäude sind bekannt und haben im Zuge einer Recherche von über tausenden Fotografien aus der Nationalbibliothek zwischen 1890-1930 ihren Weg in die Collagen gefunden. Ausgehend von der Serie „Future Past“ in der Tiere auf leeren Straßen in einer scheinbaren Parallelwelt vor Motiven rund um 1900 herumwandern, wurde dieses Konzept nun auf die Stadt Wien erweitert.

Bei Lilly’s Art wird der österreichischen Uhrmacherkunst des 18. und 19. Jahrhunderts besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Jedes Uhrenherz darf hier höher oder auch schneller schlagen. Unterschiedliche Uhren treten in einen Dialog mit Gemälden und Skulpturen renommierter österreichischer Maler und Bildhauer, des 19. Jahrhunderts, der Moderne und der Gegenwart. Zu nennen sind hier zum Beispiel Markus Prachensky, ein österreichischer Maler und Graphiker des Informel, aber auch verschiedener Strömungen des österreichischen Expressionismus wie Josef Mikl und der Neuen Wilden wie Gunter Damisch oder Hubert Scheibl.

Die Galerie Darya spezialisierte sich auf asiatische Kunst und Antiquitäten und stellt historisch interessante Exponate in den Fokus. In die Hofburg gebracht wurde unter anderem ein buddhistischer Schrein, der Anfang des 20. Jahrhunderts in Japan gefertigt wurde. Während dieses aufwändig und filigran gestaltete Objekt außen florale Darstellungen, Vogelmotive und Ornamente zeigt, sind im Inneren Drachen und Phönixe herausgearbeitet. Ebensolche Hausaltare dienen der Verehrung des Buddha und der Respektsbezeugung gegenüber den Ahnen. Vor diesem werden buddhistische Sutras, d.i. kurze Lehrtexte, vorgetragen und Opfergaben dargebracht. Nachdem der Wohnraum in Japan heutzutage sehr knapp bemessen ist, greift man gerne auf Mini-Altäre zurück, die oft nicht größer als eine Schuhschachtel ist.

Hier im klassizistischen Marmorsaal stellt der Kunsthandel Giese & Schweiger österreichische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts aus und schafft die Verbindung zur Kunst der Gegenwart, indem Positionen nach 1945 eine Bühne geboten wird. In Interaktion kann man mit dem Werk „Shee, Shee, Shee“ von Alfons Schilling treten. Der in der Schweiz geborene Schilling war ein früher Vertreter des Action Painting und Wegbereiter des Wiener Aktionismus, hier ist speziell das Frühwerk zu nennen. Eine Thematik hat Schilling zeit seines Lebens künstlerisch inspiriert: die Sprengung der Bildfläche durch Bewegung, Raum und Zeit. Damit verbunden beschäftigte er sich mit der Erweiterung, aber auch Infragestellung des menschlichen Blickes und der Wahrnehmung. Bei dem bereits erwähnten Werk handelt sich um ein 3D Raumbild, das erst mit dem Betrachten des Prismenmonokels die Raumtiefe entfaltet und ein Spiel mit der Wahrnehmung zulässt.

All jenen, die die Ausstellung „Die Frauen der Wiener Werkstätte“ im MAK besucht haben, wird das nächste Objekt, bei Galerie bei der Albertina Zetter ausgestellt, bekannt vorkommen. Dabei handelt es sich um den „Frauenkopf mit orangener Blume“ von Vally Wieselthier. Ihr Frauenkopf trägt so wie die Künstlerin einen Kurzhaarschnitt, geschmückt von einer orangenen Blume und Hut, das bunte Make-up lässt den Kontrast zur geisha-weißen Haut noch stärker erscheinen. 1895 in Wien geboren, besuchte Vally Wieselthier ab 1914 die Wiener Kunstgewerbeschule, anfänglich die Textilwerkstätte, dann die Fachklasse für Malerei bei Koloman Moser. 1917 wechselte sie in die Fachklasse für Architektur zu Josef Hoffmann und in die Keramikklasse von Michael Powolny. Mit ihren fantasiereichen, farbenfrohen und eigenwilligen Arbeiten gilt sie als eine der Pionierinnen der weiblich dominierten, expressionistischen Keramikkunst dieser Zeit. Als Schwerpunkt für österreichische Kunst um 1900, mit besonderem Augenmerk auf der Wiener Werkstätte, deckt die Galerie bei der Albertina Zetter auch ein umfangreiches Spektrum an Malerei, Bildhauerei und Design vom 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart ab.
Als Sonderpräsentation bei der diesjährigen ART&ANTIQUE werden Werke von Valentin Oman gezeigt.

Bei der Galerie Kovacek & Zetter werden u.a. Arbeiten von Ai Weiwei präsentiert. „Study of Perspective“ ist eine provokante Arbeit, die auf seine gleichnamige Fotoserie Bezug nimmt. In den Jahren zwischen 1995 und 2003 hat Ai Weiwei seinen ausgestreckten Mittelfinger weltweit vor Institutionen, architektonischen Wahrzeichen, Landschaften oder Regierungen abgelichtet, um Menschen zu ermutigen, ihre Zugehörigkeit und Akzeptanz gegenüber diesen zu hinterfragen. Zusammen mit der Glasmanufaktur Murano wurde die Hand des Künstlers in eindeutiger Geste in Glas festgehalten. Bereits 2018 entstanden die ersten 6 von geplanten 12 Farben, welche sich auf dem Kunstmarkt großer Beliebtheit erfreuen. Die Veröffentlichung der weiteren 6 Farbvarianten im Jahr 2021 schließen das Projekt ab.

Die klassische Moderne bis hin zu den österreichischen Künstlern der Avantgarde nach 1945 bildet das Galerieprogramm der Galerie Ruberl. Auf der ART&ANTIQUE sind sie mit einer Sonderpräsentation der Künstlerin Irene Andessner vertreten. Ihr Hauptthema ist seit 1988 das Selbstporträt, das sie ursprünglich in Form von Malerei und ab Mitte der 1990er Jahre in Tableaux vivants, also Foto- und Videoinszenierungen umsetzt. Im Rahmen der Kunstmesse kann Irene Andessner als Mozart, Marlene Dietrich, Andy Warhol, Frans Hals und als Donne Illustri betrachtet werden. Im Caffè Florian gibt es den „Saal der berühmten Männer“, dort hängen zehn Ölgemälde von Giulio Carlini, dessen Gemälde berühmte Venezianer abbilden, von Marco Polo über Tizian. Irene Andessner nimmt das zum Anlass sich selbst in zehn unterschiedliche Rollen von Venezianerinnen in Szene zu setzen, darunter die Komponistin Barbara Strozzi oder die erste Frauenrechtlerin Moderata Fonte. Im Projekt „I.M.Dietrich“ ging die Rollenidentifikation sogar bis zur Annahme des Familiennamens des Vorbildes durch eine reale Heirat mit einem gewissen Herrn Dietrich. Nicht „I was“, sondern „I am“ ist das Motto der Künstlerin, ein Credo, mit dem sie selbst historische Gestalten sehr gegenwärtig zum Ausdruck bringt.

Suppan Fine Arts zeigt u.a. Werke von Hildegard Joos, die zu den wichtigsten frühen Vertreterinnen der konkreten Tendenzen in Österreich zählt und auch als „Grande Dame“ der abstrakten Malerei bezeichnet wird. Ihre Entwicklung spannt einen Bogen aus Konstruktivismus, Konkreter Kunst und Op-Art bis zu den Narrativen Geometrismen. Schachbrett- und Rasterbilder waren wichtiger Bestandteil ihres künstlerischen Schaffens, wohingegen ihre ersten Arbeiten figürlich, farbig und expressiv waren. Bemerkenswert ist auch, dass Hildegard Joos seit den 1950er-Jahren Mitglied der Secession ist und 1962 als erste Frau dort ihr Werk in einer Einzelausstellung zeigte.


Über Paula Marschalek: Paula Marschalek, BA MAS ist eine österreichische Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin. Sie studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien und setzte ihre Ausbildung an der Universität für angewandte Kunst fort, wo sie ihren Master in Kunst- und Kulturmanagement abschloss. Sie arbeitete in renommierten Kulturinstitutionen wie dem Dorotheum, dem Kunsthistorischen Museum und MAK, sammelte Erfahrungen am Kunstmarkt als Kommunikationsmanagerin bei einer jungen Galerie und absolvierte von September 2019 bis März 2020 ein Kulturmanagement-Stipendium im MAK Center in Los Angeles, USA. Sie schreibt Texte für Kunstmagazine und tritt als Moderatorin/ Speakerin auf. Mit Marschalek Art Management www.marschalek.art entwickelt sie individuell zugeschnittene Kommunikationsstrategien für Kunst- und Kulturschaffende. Weiters hat sie das Gesprächs- und Netzwerkformat JOMO mitbegründet sowie C/20 - Verein für internationale kuratorische Praxis.

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