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Presse

Private Führung durch die ART VIENNA mit Paula Marschalek

Gemeinsam mit der ART VIENNA lud die Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin Paula Marschalek zur Tour durch die vielfältige Kunstmesse, die zum zweiten Mal in Wien von 16. bis 18.09. 2022 stattfand und zum ersten Mal in der Orangerie Schönbrunn. Ein neuer Ort schafft immer neue Perspektiven, diese in der Kunst zu finden, sich inspirieren zu lassen, das breite Spektrum der Messe zu zeigen und auch mal einen anderen Blickwinkel einzunehmen stand im Zentrum der Führung. Ziel war es einen persönlich ausgewählten Querschnitt abzuzeichnen, der neue Sichtweisen auf die Kunst zulässt und so die Besucher*innen in den zeitgenössischen Kosmos einführt.

Die Tour startete bei der 2020 gegründeten Galerie Wonnerth Dejaco, die sich im Herzen Wiens befindet und von den Kurator*innen und Kunsthistoriker*innen Victoria Dejaco und Michael Wonnerth-Magnusson betrieben wird. Die beiden sehen die Galerie vor allem als einen Ort der persönlichen Begegnung und des intellektuellen Austauschs sowie Diskurs. Im Rahmen der ART VIENNA zeigen sie ihr aktuelles Galerienprogramm, das Künstler*innen vertritt, die quer durch die Disziplinen arbeiten. Zu finden sind Malereien von Katharina Höglinger, die eine eigene Welt wiedergeben, Zeichnungen von Daniel Ferstl, dessen künstlerische Praxis sich mit Popkultur auseinandersetzt und ein Fünkchen Ironie mitschwingen lässt. Weiters sind Leuchtkästen der Multimedie-Künstlerin Ellen Schafer zu sehen, die in Los Angeles lebt und arbeitet. Von Georg Petermichl, dessen künstlerisches Interesse großen, sozialen Formationen der Realität gilt, sind fotografische Arbeiten ausgestellt. Maja Vukoje hat sich vor einigen Monaten der jungen Galerie angeschlossen und beschäftigt sich in ihrer Malerei mit kultureller Hybridität und Transkulturalität. Mit Farbtheorien hat sich Constanze Schweiger auseinandergesetzt und zeigt konzeptionelle Arbeiten. Im Bereich der bildenden Kunst und Film kann man Philipp Fleischmann verorten, der eine Dokumentation seiner Filmskulpturen zeigt und für 2023 die MAK Schindler Residency bekommen hat. Von Axel Koschier sind u.a. Glaskarten zu sehen, die als Besucher*in in die Hand genommen werden dürfen. Dabei hat er die Samples von Leinwänden in kleine Zeichnungen verwandelt und zwischen Glasplatten gedrückt. Auch Robert Lettner wird präsentiert, dessen Nachlass die Galerie seit diesem Jahr verwaltet. Seine künstlerischen Leitthemen setzten sich mit Utopie, Widerstand, Landschaft als auch mit Fragestellungen digitaler Kunst und Ornamentik auseinander.
Gleich gegenüber ging es weiter zum Kunsthandel Giese & Schweiger, der österreichische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts zeigt genauso wie bedeutende Positionen der Kunst nach 1945 und so eine Verbindung zur Kunst der Gegenwart schafft. Herauszuheben ist eine Skulptur von Hans Kupelwieser, der vor allem als Bildhauer Bekanntheit erlangte, unter anderem mit im öffentlichen Raum realisierten Skulpturen. Er bewegt sich im Grenzbereich zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, seine Arbeiten reichen von Fotogrammen über Skulpturen bis hin zu raumfüllenden Installationen. Bei seinen Arbeitsprozessen geht es um die Erweiterung von Gattungsgrenzen und das Ausloten technischer Möglichkeiten. Kupelwieser beschäftigt sich mit thematisch u.a. mit Wahrnehmungstheorien ebenso wie mit architektonischen Fragestellungen. Mittels Darstellungen dreidimensionaler Objekte untersucht der Künstler die Beziehungen zwischen Bild, Abbild und Gegenstand und zeigt, dass Gegenstände ganz unterschiedliche Erscheinungsformen haben können.
Die Galerie Trapp präsentiert u.a. Offset-Lithographien von Michaela Konrad, deren Interesse für Graphic Novels und experimentellen Comics gilt. Ihre Arbeiten umfassen Gemälde, limitierte Siebdrucke und Offset-Lithographien sowie Comic-Publikationen. Das Bestreben von Konrad ist, eine Synthese von Kunst und Comic zu erzeugen. Die Thematik ihrer Arbeiten spiegelt ihr großes Interesse an Science Fiction, dem Zeit-Raum-Phänomen, Zeitgeschichte sowie der Wissenschaft und deren philosophischen Interpretation wieder. Die Arbeiten, die im Rahmen der Messe gezeigt werden, geben Erscheinungen und Situationen wider, von denen wir nicht gedacht hätten, dass diese wieder eintreten.
Bei der Galerie Jünger ist die Präsentation „Planten un Blomen“ an den botanischen Garten in Hamburg angelehnt, wo die Galeristin geboren wurde, und bezieht sich vor allem auf die ursprüngliche Funktion des Ausstellungsortes der Orangerie Schönbrunn. Andrea Jünger zeigt eine ortsspezifische Selektion von Küntler*innen, mit denen sie schon lange zusammenarbeitet und es ging ihr vor allem darum, kleine Dialoge zu schaffen. Martin Schrampf zeigt beispielsweise raumgreifende Installationen, wundersame Gewächse, botanische Schöpfungen aus bemalten Metall. Rudolf Gössl zählt zu den ersten Color-Field Painters in den späten 60ern und gibt mit seinem Werk eine Stimmungsassoziation und gewisse Atmosphäre zum Thema wieder. Claudia Schuhmann arbeitet mit Mehrfachbelichtung, erzählt in der Arbeit durch Überlagerungen mehrere Geschichten, die wie fast schon vergessene Momente oder Erinnerungen wirken.
Mario Mauroner Contemporary setzt bei der ART VIENNA größtenteils auf weibliche Positionen, darunter Carmen Calvo, die bereits 1992 den Pavillon für Spanien bei der Biennale in Venedig bespielte und, die von der Populärkultur inspiriert, in ihren Arbeiten die Gewalt der Gesellschaft anprangert und Herausforderungen der Globalisierung hinterfragt. Auch Paloma Navares wird hier präsentiert, die ihre eigene ästhetische Sprache durch den Einsatz neuer Technologien, der Nutzung von Raum und Licht und der Integration verschiedener Techniken entwickelte. Ihr Oeuvre ist eine Antwort auf unterschiedliche Forschungsprozesse, in denen sie gesellschaftliche Themen untersucht und sich mit Frauen auf der ganzen Welt, ihren Ritualen, Bräuchen und Traditionen auseinandersetzt. Die hier gezeigten Arbeiten lassen unterschiedliche Blickwinkel zu und die Besuchenden immer etwas Neues entdecken.
SUPPAN ist mit einer Solopräsentation der deutschen- ungarischen Künstlers Denesh Ghyczys dabei, dessen farbenstarke Ölmalereien, beinahe impressionistisch Licht einfangen und repräsentative, teilweise pflanzenüberwucherte Innenräume darstellen. Die Serie wurde 2017 begonnen, heißt „Inside Outside“ und beschäftigt sich mit der Überspitzung einer romantisch-kontemplativen Geste gegenüber der Natur. Den Künstler interessiert vor allem die Wirklichkeit, die hinter der rein visuellen Abbildung liegt und möchte mit seinen Malereien einen Konterpunkt zur Bilderflut und Überreizung setzen, indem er eine meditative, kontemplative Haltung entgegensetzt. Wiederkehrende Motive sind daher Menschen, die an Orten des Rückzugs und der Besinnung lesen oder nachdenken, geschützt durch Architektur oder abgeschirmt durch Glas. Die Fensterscheiben dienen dabei als Lichtquelle und als Blick hinaus in die Welt. Es werden Fragen gestellt, wie beispielsweise: Was ist innen? Was ist außen? Wie gehen wir damit um? In dem Setting, hier in der Pflanzenorangerie, passen sich die Arbeiten gut ein und machen auf aktuelle Aspekte wie Nachhaltigkeit und Artenschutz aufmerksam.
Veronika Suschnig präsentiert bei der Galerie Reinthaler neue Arbeiten aus der Serie „Soft Skills“, die sich mit Material und Körperlichkeit auseinandersetzen. Die Textur ist für Suschnig Hilfsmittel, Medium sowie Ausdruck und ist ein grundlegendes Element in ihrem Oeuvre. Die Technik, der sie sich hier bedient, ist eigens entwickelt, sehr aufwendig und immer konzeptionell gedacht. Hierfür verwendet sie hauchzarte Gaze-Stoffe, die auch in der Medizin verwendet werden, um offene Wunden zu stillen und desinfizieren oder auch in der Druckgraphik. Sowohl die Arbeiten im Keilrahmen als auch die freistehenden basieren auf analogen Zeichnungen, die im weiteren Schritt digital verschränkt und dann wiederrum in den physischen Raum transferiert werden. Bei den neuen Werken geht es um das Bedürfnis nach echtem Kontakt, nach Nähe, nach Berührung, was gerade in der aktuellen Zeit und auch durch Corona eine ziemliche Herausforderung darstellt. Somit sehen wir in den Arbeiten Körperstrukturen, die aber mit dem Hintergrund verschwimmen. Wichtige Aspekte dieser Arbeit ist die Textur sowie Licht- und Schattenspiele. Der Keilrahmen fungiert hier auch als Skelett der Kunst, als Knochen, als Struktur und Körper. Durch die Darstellung von Pflanzen und floralen Strukturen, thematisiert Suschnig, dass auch weibliche Positionen in den Kunstmarkt wachsen und diesen stetig erobern.
Die Führung endete bei Grubeck Contemporary, die zwei Malerinnen Olivia Kaiser und Michaela Schwarz Weismann in Dialog zeigt. Olivia Kaisers abstrakte, farbenprächtige Malereien setzen sich vorwiegend mit tiefgreifenden psychosozialen Konflikten und Fragen auseinander. Sie setzt dabei bunte, abstrakte Flächen nebeneinander, um Beziehungen herzustellen, auszuloten und hinterfragt die Malerei als solche. Oft dienen Literatur, Musik und andere Aspekte als Hintergrund der künstlerischen Praxis. Michaela Schwarz-Weismann erfasst als Malerin detailreiche Strukturen und setzt sich immer wieder mit der Perspektive als solche auseinander. Sowohl inhaltlich als auch formal betrachtet die Künstlerin Themen vielschichtig und lenkt den Blick über das Intime auf gesellschaftlich relevante Dimensionen. Als Abschluss führte Schwarz-Weismann einen echten Perspektivenwechsel durch und zeigte, dass die Serie „Turn“ in verschiedene Richtungen gehängt werden kann, je nach Gefühlszustand, Tagesverfassung, Lust und Laune.
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Über die Autorin:
Paula Marschalek ist Kunsthistorikerin, Kulturmanagerin und betreibt die Kommunikationsagentur Marschalek Art Management. Sie hat in renommierten Kulturinstitutionen wie dem Dorotheum, dem Kunsthistorischen Museum und MAK gearbeitet, sammelte Erfahrungen am Kunstmarkt bei einer jungen Galerie und absolvierte von September 2019 bis März 2020 ein Kulturmanagement-Stipendium im MAK Center in Los Angeles, USA. Sie schreibt, tritt als Speakerin auf und kuratiert gelegentlich Ausstellungsprojekte mit dem Fokus auf feministischer Produktion und Theorie. Neben klassischer Kunst-/Kultur-PR und Social Media Kommunikation, entwickelt sie individuell zugeschnittene Kommunikationsstrategien und Beratungen für Kunst- und Kulturschaffende. Besonders liegt ihr das Thema Transparenz in der oft sehr elitären Kunstbubble am Herzen und damit einhergehend bietet sie Unterstützung für emerging artists/creatives mit Art Management (Organisations- und Kommunikationstools). Durch Talks, Texte, Führungen und experimentelle Formate versucht sie den Kunstbetrieb niederschwelliger zu machen und auch branchenübergreifend Interessierte aufzufangen

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